ICCF - Correspondence Chess

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Montag, 30. April 2018

Die Angst des Schachspielers

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Die Angst des Schachspielers


Wer sich selbst zu beobachten weiß oder einmal aufmerksam durch einen Turniersaal schreitet, der bemerkt sie, denn sie springt ihn an: Die Angst. Oft blieb sie vor der Tür, jetzt aber ist sie da, mörderisch, sie ist unter uns. Die Angst ist Bestandteil des Schachs, seit Urbeginn des Wettkampfes. Es ist nicht die Angst vor dem Gegner oder vor seinem womöglich gewinnenden Zug, sondern auf beiden Seiten des Brettes erlebt jeder Spieler seine ganz eigene Angst vor den unklaren Folgen seines eigenen Zuges, vor einem üblen Fehler, davor, sich irgendwo verrechnet zu haben, ... was für eine Blamage wäre das! Und alle sehen zu!

Hinzu kommt, dass es sich nach dem auch noch zu reichhaltig gewählten Mittagessen um die zweite Runde am Tag handelt, irgendwann lässt die Konzentration einfach mal nach, obwohl der gute Mann auf der anderen Brettseite doch mindestens 30 Jahre älter ist. Älter als ich, denkt sich der Spieler, nicht als das riesige Steak. Wann wird der eigentlich mal müde?? Rechnet er viel weniger als ich? Ist womöglich jedem alles sonnenklar und nur ich sehe es nicht? denkt der Spieler beklommen. Er merkte, wie eine hysterische Stimmung von ihm Gewalt ergriff.

Gut, ich muss ziehen. Disziplin. Straffe Haltung, das hilft. Mit dem Springer auf g6 rausnehmen, dann den und danach ..., ja, genau, danach den ... am Ende habe ich doch einen Bauern mehr, oder nicht? Moment ... kann er dann doch mit den Bauern am Damengeflügel gewinnen und alle lachen mich aus? Hmm ... verflixt, ich sollte mich beeilen ...

War es im Saal eigentlich schon immer so laut??? "Ruhe bitte ...!!!" Super, jetzt weiß jeder, dass ich nervös bin, denkt der Spieler. Also auf g6, das sieht irgendwie toll aus. Sein rechnender Blick verhakte sich an diesem Felder-Komplex.

"Warum zieht der denn nicht endlich?? Dame schlägt auf d5 - gewinnt sofort, das sieht man doch!!" wisperte ein kleines, blondes Mädchen einem ihrer Vereinsfreunde zu, während der Spieler aber schon vor aller Augen nun mit sicherem Griff seinen Springer fasste, auf g6 einschlug, der stoische Gegner ungerührt wiedernahm, zwei Züge später eine ebenso überraschende wie tödliche Fesselung aufbaute - und damit sofort gewann. Es war aus. Angst hatte jetzt jedenfalls niemand mehr.

Sachlich, analytisch, hochbegabt

Sachlich, analytisch, hochbegabt https://t.co/GC8Ajd79zO via @bodenseeperlen — paukstadt (@paukstadt) August 8, 2021